Palliativpflege: zu Hause, im Pflegeheim oder Hospiz?

Thea Regenberg

Palliativpflege: zu Hause, im Pflegeheim oder Hospiz?

   Thea Regenberg  
Manchmal ist es nur ein einziger Satz, der alles verändert. Ein Satz, der unmissverständlich klar macht: Die Krankheit ist nicht mehr heilbar. Für die betroffene Person und ihre Angehörigen beginnt damit eine ganz besondere Zeit.

Eine Zeit, in der das Leben langsamer wird und gleichzeitig auch an Tiefe gewinnt. Eine Zeit, die schwer ist, aber auch schön sein kann, und zwar durch die Verbindung zueinander.

Es geht nicht mehr darum, wie viel Zeit noch bleibt, sondern darum, wie diese Zeit gelebt wird. Eine Zeit mit Nähe, mit Würde, mit Linderung und liebevoller Begleitung. Genau das ist der Kern der Palliativpflege.

Was ist Palliativpflege und wofür steht sie?

Mann im Krankenhaus wird von kleinem Jungen umarmt und zwei Frauen sitzen neben Krankenbett
Der Begriff „Palliativpflege“ wirkt auf viele Menschen im ersten Moment sehr schwer. Gedanken an Abschied, Sterben und Verlust kommen hoch und das macht Angst. Doch Palliativpflege ist so viel mehr als das. Sie ist ein tief menschlicher Ansatz, der dem Leben Raum gibt, und zwar dann, wenn eine Krankheit nicht mehr heilbar ist. Das spiegelt sich auch im Ursprung des Wortes: „Palliativ“. Es kommt vom lateinischen „pallium“ – also ein Mantel.

Ein Mantel, der schützt, wärmt und einhüllt. Genau so darf man sich diese Form der Pflege vorstellen: als Hülle aus Zuwendung, Schutz und Würde, die sich liebevoll um schwerstkranke Menschen und ihre Angehörigen legt. Und vielleicht hilft das, sich dem Begriff und der Tatsache anders zu nähern. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Krankheit, sondern der Mensch. Das bedeutet: Die Palliativpflege begleitet ganzheitlich. Sie lindert körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot oder Übelkeit, aber ebenso kümmert sie sich um seelische, soziale und spirituelle Bedürfnisse.

Die zentrale Frage ist dabei nicht: Was fehlt noch oder wie viel Zeit bleibt noch? Sondern: Was tut gut? Was schenkt Halt? Und wie kann die Lebensqualität auch mit Beschwerden und Angst aufrechterhalten werden? Dabei ist Palliativpflege kein eng begrenzter Zeitraum. Sie beginnt nicht erst in den letzten Lebenstagen. Häufig begleitet sie auch über Wochen oder Monate hinweg – manchmal sogar über Jahre. Manchmal sind die Symptome gering, manchmal wechseln sich instabile und stabile Phasen ab. Das Entscheidende ist: Sie ist da, begleitet und schützt. Für die betroffene Person bedeutet das: Ich werde gesehen. Ich darf meine Bedürfnisse äußern. Ich bekomme Hilfe. Für Angehörige bedeutet es: Ich bin nicht allein.

Palliativpflege schenkt nicht nur Linderung, sie schenkt auch Geborgenheit. Und das ist ein wertvolles Angebot.

Palliativpflege zu Hause im gewohnten Umfeld

Viele Menschen haben den Wunsch, die letzte Lebensphase zu Hause in der gewohnten Umgebung zu verbringen. Und das ist vollkommen verständlich. Zu Hause zu sein bedeutet Sicherheit, Erinnerung, Freiheit, gewohnte Gerüche, eigene Möbelstücke und oftmals die Familie ganz in der Nähe. Das kann mit der Palliativpflege ermöglicht werden. Hausärzte, ambulante Pflegedienste und spezialisierte Teams wie die SAPV (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung) sorgen gemeinsam dafür, dass die Versorgung auch im häuslichen Umfeld gewährleistet ist, medizinisch, pflegerisch und auch menschlich. Spezialisierte ambulante Palliativdienste sind rund um die Uhr erreichbar. Die Kostenübernahme der Palliativpflege zu Hause ist gesetzlich geregelt. Die Krankenkasse trägt bei entsprechender Verordnung die SAPV-Leistungen (§37b SGB V), die Pflegekasse zahlt bei anerkanntem Pflegegrad zusätzlich Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder eine Kombination aus beidem. 

Zusätzlich greifen viele Familien neben der palliativen Versorgung auch auf eine 24-Stunden-Betreuung zurück. Betreuungskräfte unterstützen dann die Grundpflege, im Haushalt und im Alltag. Wichtig ist aber: Die Behandlungspflege (z. B. Schmerzmedikation) bleibt immer in der Verantwortung von Pflegefachkräften. Eine 24-Stunden-Pflege wird meist privat organisiert. Eine gute Beratung durch Pflegestützpunkte hilft, finanzielle und organisatorische Wege zu finden.

Die Betreuung erfolgt eng abgestimmt mit den Wünschen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Ein liebevoller Tagesablauf, gezielte Schmerztherapie und kleine Rituale können individuell gestaltet werden. Oft sind es gerade die kleinen Dinge, die eine große Bedeutung haben: Der Blick aus dem eigenen Fenster, der vertraute Duft im Flur, der Lieblingsstuhl im Wohnzimmer.

Bild mit Blumen und Uhr und alten Händen

Palliativpflege im Pflegeheim

Nicht immer ist eine Versorgung zu Hause möglich. Wenn körperliche Einschränkungen oder psychische Belastungen zu groß werden, kann ein Pflegeheim eine alternative Lösung sein. Viele Einrichtungen verfügen heute auch über Fachpersonal mit palliativen Weiterbildungen. Die Fachkräfte des Pflegeheims arbeiten dann eng mit Ärzten, Hospizdiensten oder SAPV-Teams zusammen. Der zu pflegende Angehörige wird somit rund um die Uhr versorgt und erhält zusätzlich eine würdevolle palliative Begleitung.

Gleichzeitig werden Angehörige entlastet. Sie können einfach Sohn, Tochter, Partner oder Partnerin sein, ohne die volle Verantwortung für die Pflege zu tragen. Die Pflege ist eingebettet in einen strukturierten Alltag, der Raum für Rückzug und Gemeinschaft bietet. Auch hier ist es möglich, die individuellen Wünsche der Betroffenen immer zu berücksichtigen, sei es durch Gespräche, Musik, Lichtgestaltung oder seelsorgliche Begleitung. Angehörige werden auf Wunsch mit einbezogen, informiert und begleitet. So kann das Pflegeheim nicht nur ein Ort der Betreuung sein, sondern auch ein Ort des Ankommens und Loslassens.

Auch hier gilt: Die Pflegekasse zahlt je nach Pflegegrad die pflegerischen Leistungen, die Krankenkasse übernimmt palliative Maßnahmen, sofern diese ärztlich verordnet sind. Unterkunft, Verpflegung und Zusatzleistungen fallen in der Regel als Eigenanteile im Pflegeheim an. Eine vorherige Beratung und Aufklärung über alle Kosten ist empfehlenswert. 

Palliativpflege im Hospiz

Wenn die Lebenserwartung begrenzt ist und der Bedarf an Begleitung besonders hoch ist, kann ein Hospiz der richtige Ort sein. Dort steht nicht die Erkrankung, sondern der Mensch im Mittelpunkt. Hospize schaffen eine ruhige, geschützte Atmosphäre, in der auch Angehörige willkommen sind. Und man kann sagen: Hospize sind besondere Orte. Hier steht die letzte Lebensphase ganz im Mittelpunkt. Die Atmosphäre ist würdevoll und zugewandt. Die Aufnahme erfolgt in der Regel dann, wenn eine medizinisch begründete, begrenzte Lebenserwartung vorliegt und andere Versorgungsformen nicht mehr ausreichen.

Oft ist das Hospiz ein Ort des Aufatmens – für die Betroffenen, aber auch für Angehörige, die wieder zu Partnern, Kindern oder Freunden werden dürfen, weil die Pflegeaufgaben in professionelle Hände übergehen. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende begleiten dann in dieser Zeit professionell und herzlich. Musik, Gespräche, Aromapflege, spirituelle Begleitung – all das ist möglich und es sind kaum Grenzen gesetzt. Die Räume sind wohnlich und warm gestaltet - Angehörige sind zu jeder Uhrzeit willkommen. Hospize arbeiten ebenfalls eng mit Ärzten und Palliative-Care-Teams zusammen. Die Kosten für die Hospizversorgung übernimmt zu 95 % die gesetzliche Krankenkasse, die restlichen 5 % werden in der Regel über Spenden finanziert. Für die Betroffenen ist der Aufenthalt kostenlos.

Die Rolle der Angehörigen in der Palliativpflege

Alter Mann im Krankenbett
Angehörige sind nicht nur begleitende und pflegende Personen, sie sind auch selbst Betroffene. Der Abschied von einem geliebten Menschen ist emotional und oft überfordernd. Genau das erkennt die Palliativpflege an. Sie bezieht Angehörige aktiv mit ein, schafft Gesprächsangebote und bietet psychosoziale Unterstützung, und zwar vor, während und nach dem Sterben eines geliebten Menschen. Angehörige beschreiben die Zeit oft als eine Mischung aus viel Nähe und Erschöpfung, Dankbarkeit und Unsicherheit. Deshalb ist es wichtig, auch ihre Bedürfnisse im Blick zu behalten: Fragen zu stellen, Unsicherheiten anzusprechen, Entlastung zu ermöglichen. Ambulante Palliativteams, Hospizdienste und Beratungsstellen bieten Begleitung für die ganze Familie an. Niemand muss diesen Weg allein gehen. Angehörige dürfen Hilfe annehmen. Sie dürfen auch schwach sein. Und sie dürfen Abschied nehmen, begleitet von einem einfühlsamen Team. 

Leben bis zuletzt: Ohne einen festen Plan

Es ist wichtig zu bedenken, dass es in der Palliativpflege keinen festen Plan gibt, an dem man sich festhalten kann, keine Garantie, um mehr Sicherheit zu spüren. Jeder Mensch erlebt seinen letzten Lebensabschnitt anders, in einem anderen Rhythmus, mit anderen Wendungen und anderen Bedürfnissen. Manchmal als stiller und langsamer Prozess und manchmal tiefgreifend und schnell. Es gibt Modelle, die versuchen, den Verlauf dieser Zeit zu beschreiben, wie etwa die psychischen Sterbephasen nach Kübler-Ross oder die medizinisch orientierte Einteilung in Stabilität, Verschlechterung und Sterbezeit. Doch keine dieser Theorien wird dem gerecht, was Palliativpflege in der Praxis bedeutet: eine absolut individuelle und flexible Begleitung, die sich stets an den aktuellen Bedürfnissen der betroffenen Person orientiert. Es gibt Tage, die sind geprägt von Gesprächen, Musik und vertrauten Ritualen.

Andere brauchen vor allem Ruhe und das stille Dasein. Palliativpflege schafft in all dem einen geschützten Raum, medizinisch, menschlich und emotional. Sie lindert Schmerzen, gibt Sicherheit, hält Ängste aus und bietet Begleitung auf allen Ebenen: körperlich, seelisch, sozial und spirituell. Dabei steht nie der Tod im Zentrum, sondern das Leben, das ihm vorausgeht. Es geht nicht um ein kontrolliertes „Loslassen“, sondern darum, dass sich jeder Mensch in seinem Tempo und vor allem auf seine Weise verabschieden darf. Und das frei von Leid. Und auch ohne konkreten Fahrplan schenkt die Palliativpflege Orientierung, durch Zuwendung, Achtsamkeit, kontinuierliche Präsenz und verlässliche Unterstützung. Sie begleitet und sie trägt. Und genau darin liegt eine tiefe Kraft. 

Orientierung in schwierigen Zeiten: Ihr Wegweiser

Wenn Sie als Angehörige oder Betroffene vor der Frage stehen, welche Angebote es vor Ort gibt, hilft der Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung Deutschland. Auf der Website www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de finden Sie über 3.000 Adressen bundesweit. Darunter sind SAPV-Teams, ambulante Hospizdienste, stationäre Hospize, Pflegeheime mit Palliativkompetenz oder Palliativstationen.
4 Personen stehen im Kreis und halten die Hände in die Mitte

Fazit: Palliativpflege als gelebte Fürsorge bis zuletzt 

Am Ende eines Lebens zählt nicht mehr, wie viele Tage noch bleiben, sondern wie diese Tage gestaltet werden. Palliativpflege schenkt schwerstkranken Menschen Linderung, Sicherheit und Würde. Sie richtet sich nicht nach starren Plänen, sondern nach dem, was im Moment gebraucht wird: Schmerzlinderung, Nähe, Entlastung, ein stiller Blick oder ein Gespräch. Ob zu Hause, im Pflegeheim oder im Hospiz - die Palliativpflege passt sich dem Leben an, nicht umgekehrt. Sie begleitet medizinisch, menschlich und achtsam. Auch Angehörige erfahren Unterstützung: Sie dürfen loslassen, Halt finden, sich einfühlen und getragen wissen. Palliativpflege ist kein Abschied von Lebensqualität, sondern ein liebevoller Weg, es bis zuletzt zu achten. 

💜-liche Grüße 

Ihre Thea Regenberg

Palliativpflege: Häufig gestellte Fragen

Was ist Palliativpflege?

Palliativpflege ist eine ganzheitliche Begleitung für Menschen mit unheilbaren, fortgeschrittenen Erkrankungen. Sie beginnt nicht erst in den letzten Tagen vor dem Tod, sondern kann schon Wochen oder Monate, manchmal sogar Jahre zuvor zum Einsatz kommen. Im Mittelpunkt stehen nicht mehr Heilung, sondern vor allem Linderung, Lebensqualität und Würde. Die Betreuung erfolgt auf medizinischer, seelischer, sozialer und spiritueller Ebene.

Wer übernimmt die Kosten für die Palliativpflege?

Die Kostenübernahme ist gesetzlich geregelt: Die Krankenkasse trägt die SAPV-Leistungen (nach §37b SGB V), sofern eine ärztliche Verordnung dafür vorliegt. Die Pflegekasse zahlt je nach Pflegegrad zusätzlich Pflegegeld oder Pflegesachleistungen. 

Was kostet Palliativpflege im Pflegeheim?

In einem Pflegeheim arbeiten palliativ geschulte Fachkräfte eng mit Ärzten und Hospizdiensten zusammen. Die palliativen Maßnahmen werden von der Krankenkasse übernommen, während die pflegerischen Leistungen von der Pflegekasse, abhängig vom Pflegegrad, finanziert werden. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Zusatzleistungen tragen Bewohner und Bewohnerinnen in der Regel selbst. Eine vorherige Beratung über die zu erwartenden Eigenanteile ist sinnvoll.

Ist Palliativpflege im Hospiz wirklich kostenlos?

Ja, für Betroffene entstehen keine direkten Kosten. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt 95 % der Hospizkosten, die restlichen 5 % werden in der Regel durch Spenden finanziert. Ein Aufenthalt im stationären Hospiz ist möglich, wenn die Lebenserwartung begrenzt ist und eine umfassende Versorgung zu Hause oder im Pflegeheim nicht ausreicht. 

Bekomme ich Pflegegeld trotz Palliativpflege?

Schon Ja, Pflegegeld trotz Palliativpflege ist möglich, sofern ein anerkannter Pflegegrad vorliegt. Auch während einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) kann Pflegegeld gezahlt werden, wenn die Pflege nicht vollständig durch professionelle Dienste übernommen wird. In vielen Fällen kann eine Kombination aus Geld- und Sachleistungen vereinbart werden. Pflegeberater oder Pflegestützpunkte helfen Ihnen bei den Ansprüchen weiter. 
Thea Regenberg
Zur Autorin

Thea Regenberg

EXAMINIERTE ALTENPFLEGERIN & PFLEGEBERATERIN
Als erfahrene Altenpflegerin kennt sich Thea Regenberg mit den besonderen Bedürfnissen älterer Menschen bestens aus. Im Pflege ABC teilt sie ihr Fachwissen in der Grund- und Behandlungspflege, sowie der Organisation und Dokumentation von medizinischen und pflegefachlichen Abläufen.
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