Altersdepression: Darauf sollten Sie achten

Isabell Jungesblut

Altersdepression: Darauf sollten Sie achten

Isabell Jungesblut
Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass sich Ihr Vater verändert hat. Dass Ihre Mutter stiller geworden ist. Oder dass Ihr Partner nicht mehr so recht am Leben teilnimmt wie früher. Oft werden solche Veränderungen mit dem Älterwerden erklärt – dabei kann auch etwas anderes dahinterstecken: eine Altersdepression.

Gerade im höheren Alter wird eine Depression leicht übersehen. Die Symptome wirken leise, oft wie typische Alterserscheinungen. Doch für Betroffene bedeutet die Erkrankung viel Leid – und für Sie als Angehörige eine große Herausforderung.

Was ist eine Altersdepression – und wodurch wird sie ausgelöst?

Ältere Dame mit grauen Haaren schlägt die Hände vor das Gesicht und weint
Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im höheren Lebensalter. Jedoch werden sie oft mit normalen Alterserscheinungen verwechselt oder sie werden übersehen. Fachlich unterscheidet sich eine Altersdepression kaum von einer Depression in jüngeren Jahren – und doch bleibt sie im Alter häufig unerkannt.

Die Auslöser können vielfältig sein: Neben genetischer Veranlagung spielen psychosoziale Belastungen wie frühere Traumatisierungen oder langanhaltende Sorgen eine Rolle. Auch einschneidende Veränderungen im Alter – etwa der Verlust des Partners, der Rückzug aus dem Berufsleben, finanzielle Einbußen, Einsamkeit, körperliche Einschränkungen oder ein Umzug in eine Pflegeeinrichtung – können das Risiko erhöhen.

Wichtig ist jedoch: Nicht jedes dieser Ereignisse führt automatisch zu einer Depression. Aber: Gerade in solchen Lebensphasen lohnt es sich, aufmerksam zu bleiben.

Typische Symptome einer Depression im Alter

Sie als pflegende Angehörige kennen Ihre Liebsten oft sehr gut – gerade deshalb ist es wichtig, feinfühlig auf Veränderungen im Verhalten, in der Stimmung oder im körperlichen Zustand zu achten. Denn eine Altersdepression zeigt sich nicht immer so klar, wie man es erwarten würde. Viele Symptome wirken wie gewöhnliche Alterserscheinungen – das erschwert eine frühzeitige Diagnose. Doch, je früher eine Altersdepression erkannt wird, desto besser lässt sich helfen.

Zu den häufigsten Anzeichen gehören:

  • Antriebslosigkeit und Erschöpfung, auch ohne erkennbare körperliche Belastung
  • Verlust an Interesse und Freude - Dinge, die früher wichtig waren oder Spaß gemacht haben, erscheinen plötzlich sinnlos
  • Sozialer Rückzug - Gespräche, gemeinsame Mahlzeiten oder Treffen mit Familie und Freunden werden gemieden
  • Appetitlosigkeit oder ungewollte Gewichtsabnahme – seltener auch: vermehrtes Essen ohne Genuss
  • Schlafstörungen – insbesondere das sehr frühe Erwachen mit Grübeleien oder gedrückter Stimmung (Dieses sogenannte Morgentief wird umgangssprachlich oft als “Morgendepression” bezeichnet wird)
  • Gefühle von Hoffnungslosigkeit oder der Wunsch, „nicht mehr da zu sein“
  • Körperliche Beschwerden ohne medizinisch erklärbare Ursache – zum Beispiel Rückenschmerzen, Magenprobleme oder Schwindel
  • Konzentrationsprobleme oder das Gefühl, „verwirrt“ zu sein

Besonders bei älteren Frauen sind Depressionen häufiger – unter anderem, weil sie statistisch länger leben, häufiger den Partner verlieren oder über viele Jahre familiäre Verantwortung getragen haben. Viele empfinden im Ruhestand ein Gefühl von Leere oder vermissen Wertschätzung. Ihre seelische Belastung wird jedoch oft bagatellisiert – dabei kann dahinter eine ernstzunehmende Altersdepression stecken.

Was tun bei Depression im Alter?

Wenn Sie beispielsweise eines der oben genannten Symptome bei Ihrem Angehörigen oder Ihrer Angehörigen bemerken – etwa Rückzug, Antriebslosigkeit oder eine gedrückte Stimmung – sprechen Sie das Thema behutsam an. Sätze wie „Du wirkst so bedrückt – was macht dir gerade zu schaffen?“ können Türen öffnen. Wichtig ist, aufmerksam zuzuhören und nicht vorschnell zu trösten.

Unterstützen Sie aktiv, zum Beispiel durch:

  • das Vereinbaren eines Arzttermins
  • die gemeinsame Suche nach therapeutischer Hilfe
  • das Einholen von Informationen zu weiteren Unterstützungsangeboten, etwa durch Krankenkasse, Hausarzt oder Beratungsstellen

Viele Angehörige fühlen sich bei diesem Thema hilflos. Doch schon das offene Gespräch ist ein erster, wichtiger Schritt.

Neben Ihrer Unterstützung spielt auch die richtige Behandlung eine zentrale Rolle. Denn Depression im Alter ist nicht nur belastend, sondern in schweren Fällen sogar lebensbedrohlich – umso wichtiger ist eine gezielte und gut begleitete Therapie.
Sie kann aus mehreren Bausteinen bestehen:

  • Medikamentöse Therapie: Antidepressiva können Stimmung und Antrieb stabilisieren. Bei älteren Menschen ist eine sorgfältige ärztliche Auswahl besonders wichtig – auch wegen möglicher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.
  • Psychotherapie: Gesprächstherapien, die auf die Lebenssituation älterer Menschen eingehen, sind besonders wirksam.
  • Aktivierung & Tagesstruktur: Bewegung, feste Routinen und soziale Kontakte können depressive Symptome spürbar lindern.
  • Ergänzende Angebote: Ergotherapie, Musiktherapie oder Lichttherapie können zusätzlich unterstützen – besonders bei saisonal verstärkten Beschwerden.
  • Begleitprobleme wie Alkoholkonsum: Alkohol kann Depressionen verschärfen und Medikamente beeinträchtigen – hier ist oft eine fachübergreifende Betreuung sinnvoll.
Seniorin sitzt auf einem Sofa während einer Psychotherapie-Sitzung

Pflege und Begleitung: Was Angehörige tun können

Wer einen älteren Menschen betreut oder pflegt, ist oft nah dran – und kann viel bewirken. Die Pflege bei Depression im Alter braucht neben medizinischer Unterstützung auch Verständnis und Geduld. 

Ein strukturierter Tagesablauf, kleine Rituale, regelmäßige Spaziergänge oder gemeinsame Mahlzeiten können helfen, dem Tag wieder Halt zu geben. Auch kleine Aufgaben im Haushalt oder kreative Beschäftigungen – wie gemeinsames Kochen, Musik hören oder Fotoalben anschauen – stärken das Gefühl von Sinn und Zugehörigkeit.

Und denken Sie daran: Verhalten wie Rückzug, Reizbarkeit oder Gleichgültigkeit sind oft Symptome der Depression – und nicht gegen Sie persönlich gerichtet. Wenn Nähe abgelehnt wird, bleiben Sie dennoch präsent – ohne Druck auszuüben. Schon das Angebot von Zeit, Aufmerksamkeit und Gespräch kann ein erster Lichtblick sein.

Fazit: Hoffnung geben und gut begleiten

Auch im höheren Alter ist eine Depression kein unausweichliches Leid – sondern eine Erkrankung, die erkannt und wirksam behandelt werden kann. Wenn Sie Veränderungen bemerken, sprechen Sie diese behutsam an, holen Sie sich Unterstützung und begleiten Sie mit Mitgefühl. Denken Sie dabei auch an sich selbst: Jemanden mit einer Depression zu begleiten, kann emotional sehr fordernd sein. Pflegeberatung, Hausarzt, oder Selbsthilfegruppen können Sie entlasten – ebenso wie Leistungen wie Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder Nachbarschaftshilfe. Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen, denn nur wer für sich sorgt, kann auch für andere da sein.


💜-liche Grüße 

Altersdepression: Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen einer Altersdepression und einer Depression in jungen Jahren? 

Fachlich unterscheidet sich die Altersdepression nicht grundsätzlich von der Depression in jüngeren Lebensphasen. Allerdings zeigen sich die Symptome oft anders: weniger tiefe Traurigkeit, dafür mehr körperliche Beschwerden, Rückzug und Antriebslosigkeit. Deshalb wird die Erkrankung im Alter häufiger übersehen oder als normale Alterserscheinung missverstanden.

Wie erkenne ich eine Depression bei älteren Frauen?

Frauen sind im höheren Alter häufiger betroffen – oft, weil sie den Partner verloren haben, lange familiäre Verantwortung getragen haben oder sich im Ruhestand nicht mehr gebraucht fühlen. Viele berichten von einem Gefühl der Leere oder einer inneren Erschöpfung. Auch körperliche Symptome wie Schlafstörungen oder Appetitverlust treten häufig auf.

Ist Depression im Alter gut behandelbar?

Ja. Eine Depression im Alter ist gut behandelbar. Entscheidend ist eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Therapie. Diese kann aus Antidepressiva, Psychotherapie, Alltagsaktivierung und ergänzenden Maßnahmen bestehen.

Was kann ich als Angehörige oder Angehöriger tun?

Zuhören, ansprechen, begleiten – und Unterstützung organisieren. Schon ein offenes Gespräch kann helfen. Holen Sie sich selbst Rat, etwa bei Hausärzten oder bei einer Pflegeberatung. Wichtig ist auch, die eigenen Kräfte zu schützen und Entlastungsangebote wie Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder Nachbarschaftshilfe zu nutzen.

Welche Rolle spielt Alkohol bei Depression im Alter?

Alkoholkonsum kann eine bestehende Depression verschlimmern und die Wirkung von Antidepressiva oder anderen Medikamenten negativ beeinflussen. Besonders im höheren Alter – wenn oft mehrere Arzneimittel gleichzeitig eingenommen werden – birgt Alkohol ein erhöhtes Risiko für Wechselwirkungen und Nebenwirkungen. Besteht der Verdacht auf problematischen Konsum, ist eine interdisziplinäre Betreuung durch Hausarzt, Psychotherapie und gegebenenfalls eine Suchtberatung empfehlenswert.
Isabell Jungesblut
Zur Autorin

Isabell Jungesblut

EXAMINIERTE GESUNDHEITS- UND KRANKENPFLEGERIN
Als Expertin für Gesundheits- und Krankenpflege bringt Isabell Jungesblut umfangreiche Erfahrungen aus der Akutversorgung aber auch aus der vollstationären Langzeitversorgung mit. Hier im Pflege ABC teilt sie ihr umfangreiches Wissen mit Ihnen, um die Pflege für Sie zu erleichtern.
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