Weihnachten & Einsamkeit - Das können Sie tun

Isabell Jungesblut

Weihnachten alleine verbringen: 7 Wege, es trotzdem schön zu machen

Isabell Jungesblut
Weihnachten steht für Nähe, Gemeinschaft und Zeit füreinander. Für viele Menschen sind diese Tage mit vertrauten Ritualen, Begegnungen und gemeinsamen Momenten verbunden. Gleichzeitig erleben gerade an den Feiertagen viele Menschen Einsamkeit – oft intensiver als zu anderen Zeiten im Jahr.

Wenn der Alltag zur Ruhe kommt, gewohnte Abläufe wegfallen und überall Bilder von Familie und Harmonie präsent sind, werden Unterschiede zur eigenen Lebenssituation besonders deutlich. Das betrifft nicht nur Menschen, die Weihnachten tatsächlich allein verbringen. Auch pflegende Angehörige und pflegebedürftige Menschen fühlen sich in dieser Zeit häufig einsam, obwohl sie nicht allein sind. Pflege, Krankheit oder Einschränkungen verändern den Alltag, verschieben Rollen und machen vieles, was früher selbstverständlich war, schwieriger oder unmöglich.

Gerade weil Nähe und Gemeinschaft an Weihnachten so präsent sind, wird dieser Unterschied oft besonders spürbar. Umso wichtiger ist es, diese Gefühle ernst zu nehmen – und Wege zu finden, die Feiertage so zu gestalten, dass sie sich zumindest ein wenig leichter anfühlen.

Wie zeigt sich Einsamkeit – besonders in Pflegesituationen?

Einsamkeit hat viele Gesichter. Sie bedeutet nicht automatisch, dass niemand da ist. Gerade in der Pflege entsteht sie oft leise und schleichend.

Bei pflegenden Angehörigen zeigt sich Einsamkeit zum Beispiel dadurch:

  • soziale Kontakte werden weniger, weil Zeit und Kraft fehlen
  • Gespräche drehen sich fast nur noch um Pflege, Termine und Verantwortung
  • eigene Gefühle bleiben unausgesprochen
  • an Feiertagen entsteht das Gefühl, „neben dem Leben zu stehen“

Bei pflegebedürftigen Menschen zeigt sich Einsamkeit häufig so:

  • eingeschränkte Mobilität verhindert Besuche oder Teilhabe
  • Gespräche finden über den Kopf hinweg statt
  • man fühlt sich abhängig oder zur Last
  • gerade bei Bettpflege entsteht das Gefühl, nicht mehr richtig dazuzugehören

Wichtig:
Diese Punkte sind mögliche Hinweise, keine festen Anzeichen. Sie müssen nicht automatisch bedeuten, dass jemand einsam ist. Sie können aber darauf aufmerksam machen, genauer hinzuschauen und ins Gespräch zu kommen.

Welche Wege gibt es, mit Einsamkeit umzugehen?

Mann sitzt im Rollstuhl alleine am Tisch und schaut einsam auf ein Geschenk
Einsamkeit lässt sich nicht einfach „abschalten“ – schon gar nicht an Weihnachten. Aber es gibt Möglichkeiten, diesen Tagen etwas entgegenzusetzen. Nicht durch große Veränderungen, sondern durch kleine, realistische Schritte, die zur eigenen Situation passen.

Gerade in einer Pflegesituation hilft es, den Blick auf das zu richten, was möglich ist: weniger Erwartungen, mehr Achtsamkeit, kleine Momente von Nähe und ein freundlicher Umgang mit den eigenen Grenzen. Die folgenden Empfehlungen sollen Mut machen, die Feiertage so zu gestalten, dass sie sich zumindest ein wenig leichter anfühlen – für pflegende Angehörige ebenso wie für pflegebedürftige Menschen.

  1. Einsamkeit bewusst wahrnehmen und ansprechen
    Einsamkeit wird häufig nicht ausgesprochen. Pflegebedürftige Menschen möchten niemandem zur Last fallen, Pflegepersonen wollen stark sein. Wenn Sie merken, dass Ihr Angehöriger stiller wird, sich zurückzieht oder traurig wirkt, kann es helfen, das vorsichtig anzusprechen. Ebenso wichtig ist es, auch die eigenen Gefühle ernst zu nehmen.Ein Satz wie „Gerade fühlt sich das sehr allein an“ kann auf beiden Seiten entlastend wirken.

  2. Präsenz zeigen – und selbst Präsenz erfahren
    Einsamkeit lässt sich nicht immer in Worte fassen – und oft auch nicht „wegreden“. Umso wichtiger kann es sein, einfach da zu sein. Für pflegebedürftige oder bettlägerige Menschen bedeutet es viel, wenn jemand ohne Eile am Bett sitzt, eine Hand hält oder Zeit teilt. Genauso brauchen auch Pflegepersonen solche Momente von Nähe: jemanden, der bleibt, ohne Fragen zu stellen, ohne Ratschläge zu geben und ohne etwas verändern zu wollen.

  3. Regelmäßige Verbindung schaffen – für beide Seiten
    Einsamkeit wird selten durch ein einzelnes großes Ereignis gelindert. Viel hilfreicher sind verlässliche, wiederkehrende Kontakte. Für Ihren Angehörigen können feste Gesprächszeiten, kurze tägliche Besuche oder Anrufe das Gefühl vermitteln, nicht vergessen zu sein. Wenn Sie selbst merken, dass Sie sich einsam fühlen, gilt dasselbe: Regelmäßiger Austausch – auch kurz – kann das Alleinerleben spürbar mindern.

  4. Teilhabe ermöglichen – und sich selbst nicht ausschließen
    Pflegebedürftige Menschen fühlen sich oft einsam, wenn sie das Gefühl haben, „außen vor“ zu sein. Erzählen Sie, was passiert, beziehen Sie Ihren Angehörigen ein, auch wenn aktive Teilnahme nicht möglich ist.Gleichzeitig ist es wichtig, dass Sie sich selbst nicht völlig zurückziehen. Auch Pflegepersonen brauchen das Gefühl, Teil von Gesprächen, Gedanken und Beziehungen zu bleiben  – und zwar nicht nur in der Rolle der Pflegenden, sondern als Mensch mit eigenen Themen und Bedürfnissen.

  5. Gefühle zulassen – statt sie zu überdecken
    Einsamkeit lässt sich nicht dauerhaft durch Ablenkung vertreiben. Fernsehen, Beschäftigung oder ständiges Funktionieren können sie kurzfristig verdecken, aber nicht auflösen. Manchmal hilft es mehr, Gefühle zuzulassen – bei Ihrem Angehörigen genauso wie bei sich selbst. Traurigkeit, Leere oder Sehnsucht dürfen da sein, ohne sofort „behoben“ zu werden.

  6. Unterstützung gezielt gegen Einsamkeit nutzenWenn Einsamkeit sehr präsent ist, kann es entlastend sein, weitere Kontakte einzubeziehen. Zusätzliche Begegnungen oder Gespräche von außen helfen oft dabei, das Gefühl des Alleinseins etwas zu lindern – besonders dann, wenn Mobilität eingeschränkt ist oder nur wenig Besuch möglich ist.Für pflegebedürftige Menschen können Besuchsdienste, Telefonangebote oder ehrenamtliche Gespräche eine wertvolle Verbindung schaffen. Genauso dürfen Sie als Pflegeperson diese Angebote nutzen. Einsamkeit zu teilen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein wichtiger Schritt zur Entlastung.Unterstützung bieten zum Beispiel Nachbarschaftszentren, Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie, AWO oder DRK, kirchliche Gemeinden mit offenen Treffpunkten sowie Telefonangebote gegen Einsamkeit und lokale Initiativen oder Nachbarschaftshilfen. Informationen dazu finden Sie in der Regel auf der Website Ihrer Stadt oder Gemeinde.

  7. Eigene Einsamkeit ernst nehmenViele Pflegepersonen spüren Einsamkeit besonders stark, weil sie viel Verantwortung tragen und wenig Raum für eigene Gefühle bleibt.Wenn Sie merken, dass Sie sich innerlich allein fühlen, ist es wichtig, mit jemandem darüber zu sprechen – mit Freunden, Familie oder professionellen Anlaufstellen. Ihre Einsamkeit ist genauso berechtigt wie die Ihres Angehörigen.

Fazit: Einsamkeit darf Raum haben – und muss nicht allein getragen werden

Einsamkeit ist kein Phänomen, das nur an Weihnachten oder nur in Pflegesituationen entsteht. Viele Menschen erleben sie ganz unabhängig von Jahreszeiten oder Lebenslagen. An den Feiertagen wird sie jedoch oft deutlicher spürbar – besonders dann, wenn Nähe und Gemeinschaft überall sichtbar sind.

In Pflegesituationen kann Einsamkeit beide Seiten betreffen: pflegebedürftige Menschen ebenso wie Pflegepersonen. Wichtig ist, diese Gefühle ernst zu nehmen und nicht zu verdrängen. Schon kleine Schritte, ehrliche Gespräche und das Annehmen von Unterstützung können helfen, das Alleinerleben zu lindern – nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr über.

Weihnachten alleine oder einsam erleben : Häufig gestellte Fragen

Ist es normal, sich an Weihnachten einsam zu fühlen?

Ja. Gerade an Weihnachten erleben viele Menschen Einsamkeit intensiver als sonst. Die Erwartungen an Nähe und Gemeinschaft sind hoch – besonders in Pflegesituationen kann das belastend sein. Dieses Gefühl ist weit verbreitet und vollkommen verständlich.

Warum fühlen sich pflegende Angehörige trotz Gesellschaft oft einsam?

Pflegende Angehörige tragen viel Verantwortung und stellen eigene Bedürfnisse häufig zurück. Gespräche drehen sich oft nur noch um Pflege und Organisation. An Feiertagen wird dieser Mangel an Austausch und Leichtigkeit besonders spürbar.

Können sich pflegebedürftige Menschen einsam fühlen, obwohl jemand da ist?

Ja. Einsamkeit entsteht nicht nur durch Alleinsein, sondern auch durch fehlende Teilhabe. Eingeschränkte Mobilität, Bettpflege oder Abhängigkeit können dazu führen, dass man sich ausgeschlossen oder nicht mehr richtig dazugehörig fühlt.

Was kann ich tun, wenn mir Weihnachten in der Pflegesituation zu viel wird?

Reduzieren Sie Erwartungen, erlauben Sie sich Pausen und gestalten Sie die Tage ruhiger. Weihnachten muss nicht perfekt sein. Wichtig ist, dass Sie auf Ihre Grenzen achten – als pflegende:r Angehörige:r ebenso wie als pflegebedürftige Person.

Wo finde ich Unterstützung, wenn ich mich sehr einsam fühle?

Es gibt viele niedrigschwellige Angebote wie Mehrgenerationenhäuser, Nachbarschaftszentren, Wohlfahrtsverbände, kirchliche Treffpunkte oder telefonische Gesprächsangebote. Informationen dazu finden Sie meist auf der Website Ihrer Stadt oder Gemeinde.
Zur Autorin

Isabell Jungesblut

EXAMINIERTE GESUNDHEITS- UND KRANKENPFLEGERIN
Als Expertin für Gesundheits- und Krankenpflege bringt Isabell Jungesblut umfangreiche Erfahrungen aus der Akutversorgung aber auch aus der vollstationären Langzeitversorgung mit. Hier im Pflege ABC teilt sie ihr umfangreiches Wissen mit Ihnen, um die Pflege für Sie zu erleichtern.
Bild-Quellen: Header: Foto von freepik; Bild 1: Foto von freepik

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