Inkontinenz-assoziierte Dermatitis: So erkennen und behandeln Sie IAD

Isabell Jungesblut

Inkontinenz-assoziierte Dermatitis: So erkennen und behandeln Sie IAD

Isabell Jungesblut
Wenn Sie einen Angehörigen pflegen, wissen Sie, wie wichtig es ist, auf kleinste Veränderungen der Haut zu achten. Die Haut ist unser größtes Organ und spielt eine zentrale Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden. Doch gerade bei pflegebedürftigen Menschen ist sie empfindlich und anfällig für Reizungen. Eine häufige, aber oft unterschätzte Hauterkrankung ist die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD). 

Was ist Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD)?

Unter Inkontinenz-assoziierter Dermatitis versteht man eine entzündliche Reaktion der Haut, die im Zusammenhang mit Inkontinenz entsteht und durch den wiederholten Kontakt mit Urin oder Stuhl ausgelöst wird. Die Feuchtigkeit und reizenden Stoffe greifen den natürlichen Schutzmantel der Haut an. Dadurch wird sie empfindlich, gerötet und kann schmerzen.

Damit solche Erkrankungen eindeutig beschrieben und international verständlich eingeordnet werden können, gibt es die ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Dieses System ordnet jeder Diagnose einen Code zu, der unter anderem für Dokumentation und Abrechnung genutzt wird. Für die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis gibt es in der aktuellen ICD-11 bereits einen eigenen, präzisen Code. In Deutschland wird jedoch weiterhin die ICD‑10‑GM (German Modification) verwendet, in der diese Hautveränderung nicht so spezifisch erfasst wird. Je nach Ausprägung und Dokumentationsbedarf wird die Erkrankung meist unter Windeldermatitis (L22) oder ergänzend unter toxische Kontaktdermatitis (L24) verschlüsselt.

Die Bedeutung der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis liegt also nicht nur in der Hautreizung selbst, sondern auch in ihren Folgen für Lebensqualität und Gesundheit.

Ursachen und Risikofaktoren

Person auf Toilette
Die Hauptursache für IAD ist der wiederholte Kontakt der Haut mit Urin und/oder Stuhl - besonders aggressiv wirkt flüssiger Stuhl, wie er bei Durchfällen auftritt. Dadurch wird der pH-Wert verändert und der natürliche Säureschutzmantel geschädigt. Die Haut verliert ihre Barrierefunktion und wird anfälliger für Reizungen.

Zusätzlich gibt es Risikofaktoren, die die Entstehung einer IAD begünstigen:

  • Unpassende, nicht atmungsaktive Inkontinenzprodukte und zu seltenes Wechseln
  • Hohes Alter, eingeschränkte Mobilität und generelle Pflegebedürftigkeit
  • Sensorische Einschränkungen, bei denen Personen Veränderungen nicht spüren oder kommunizieren können
  • Medikamentöse Einflüsse, zum Beispiel Antibiotika, Immunsuppressiva oder andere, die Verdauung und Haut beeinflussen
  • Eingeschränkte Körperhygiene oder der Einsatz ungeeigneter Pflegeprodukte, etwa stark parfümierte Seifen, alkoholhaltige Reinigungsmittel oder grobe Waschlappen
  • Schlechter Hautzustand – zum Beispiel trockene „Pergamenthaut“, Cortisonhaut oder geschädigt durch Diabetes mellitus
  • Eine nicht ausreichende Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

Wenn Sie diese Faktoren bei Ihrem Angehörigen erkennen, sollten Sie besonders aufmerksam sein und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Haut zu schützen.

Symptome frühzeitig erkennen

Eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD) tritt meist an Hautstellen auf, die regelmäßig mit Feuchtigkeit und Ausscheidungen in Kontakt kommen – vor allem im Genitalbereich, am Gesäß und an den Oberschenkeln.

Typische Anzeichen sind:

  • Rötungen: großflächig oder punktuell
  • Brennen, Jucken oder Schmerzen
  • Glänzende, aufgeweichte Haut (Mazeration)
  • Kleine Hautverletzungen oder nässende Stellen

Ein wichtiger Hinweis für pflegende Angehörige: IAD ist nicht mit einem Dekubitus (Druckgeschwür) zu verwechseln. Druckgeschwüre entstehen vor allem an Knochenvorsprüngen, durch anhaltenden Druck und mangelnde Durchblutung, und betreffen oft tiefere Hautschichten. IAD hingegen betrifft in erster Linie die oberste Hautschicht und wird durch chemische Reize und Feuchtigkeit verursacht. Bei Unsicherheit oder Verschlechterung der Hautveränderungen ist es immer ratsam, ärztlichen Rat oder Unterstützung von Pflegefachkräften einzuholen.

Prophylaxe und Behandlung – was Sie konkret tun können

Die beste Behandlung ist eine gute Prophylaxe - also Vorbeugung . Wer Hautveränderungen rechtzeitig bemerkt, kann viel dafür tun, dass es gar nicht erst zu schmerzhaften Entzündungen kommt. Wenn Ihnen als pflegende Angehörige erste Hautveränderungen auffallen, holen Sie sich frühzeitig Rat bei dem Hausarzt oder der Hausärztin oder bei Pflegefachkräften ein – so lassen sich Ursachen klären und passende Maßnahmen auswählen.
Unabhängig davon können Sie selbst schon einiges tun, um die Haut zu schützen und Beschwerden vorzubeugen: Reinigen Sie die Haut nach jedem Toilettengang oder Inkontinenzereignis behutsam, idealerweise mit pH-hautneutralen oder leicht sauren Produkten, die den Säureschutzmantel nicht angreifen. Tragen Sie anschließend regelmäßig eine Barrierecreme dünn auf, damit ein Schutzfilm die Haut vor Feuchtigkeit bewahrt und ihre natürliche Funktion unterstützt. Achten Sie außerdem darauf, dass Inkontinenzmaterialien gut sitzen, ausreichend saugfähig sind und häufig gewechselt werden – so bleibt die Haut möglichst trocken. Wenn es die Situation erlaubt, lassen Sie betroffene Bereiche zwischendurch an der Luft trocknen. Das stabilisiert die Hautbarriere zusätzlich und beugt Reizungen vor.

Sollten trotz aller Vorsicht Anzeichen einer IAD auftreten, reagieren Sie möglichst frühzeitig. Reinigen Sie die betroffenen Hautbereiche weiterhin sanft und mit unparfümierten Produkten, tupfen Sie die Haut vorsichtig trocken und tragen Sie nach jeder Reinigung erneut eine dünne Schutzschicht auf – etwa eine Barrierecreme oder eine leichte Zinksalbe auf besonders gereizten Stellen.
Prüfen Sie, ob andere Inkontinenzprodukte, ein häufigerer Wechsel oder weichere Materialien die Haut besser entlasten. Beobachten Sie die betroffenen Stellen täglich und notieren Sie Veränderungen – verschlimmern sich Rötungen, treten nässende Areale oder Schmerzen auf, holen Sie ärztlichen Rat oder Unterstützung durch Pflegefachkräfte ein, damit die Wundversorgung gezielt angepasst werden kann.

Fazit: Praktische Tipps für pflegende Angehörige

IAD kann für Pflegebedürftige sehr belastend sein – doch mit Ihrem Einsatz können Sie viel bewirken. Ihr aufmerksamer Blick, Ihre Fürsorge und Ihr Engagement machen einen großen Unterschied: Sie schenken Sicherheit, Geborgenheit und Lebensqualität. Zögern Sie nicht, sich Unterstützung zu holen – Pflegefachkräfte, Ärzte und Wundexperten stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Gemeinsam finden Sie Lösungen, die zu Ihrem Angehörigen passen und den Pflegealltag erleichtern.

Inkontinenz-assoziierte Dermatitis: Häufig gestellte Fragen

Welche ICD-Klassifikation hat IAD?

In Deutschland wird die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis in der ICD-10-GM nicht spezifisch erfasst. Je nach Situation wird sie meist unter L22 (Windeldermatitis) oder ergänzend unter L24 (toxische Kontaktdermatitis) verschlüsselt. Bei Komplikationen oder Infektionen können zusätzliche Codes verwendet werden.

Welche Produkte helfen bei IAD?

Empfohlen sind pH-hautneutrale Reinigungsprodukte, Barrierecremes und hochwertige Inkontinenzprodukte mit guter Saugfähigkeit.

Wie schnell kann sich eine IAD entwickeln?

Eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis kann sich sehr schnell entwickeln, wenn Haut länger feucht bleibt oder wiederholt mit Urin und Stuhl in Kontakt kommt – manchmal innerhalb von Stunden. Deshalb sind regelmäßige Hautkontrollen und sofortige Hautpflege so wichtig.

Wer kann bei der Versorgung von IAD unterstützen?

Neben Hausärzten können auch Pflegefachkräfte, Wundexperten und spezialisierte Pflegedienste helfen. Sie beraten zu passenden Produkten, übernehmen die Wundversorgung und zeigen Ihnen praktische Pflegeschritte für zu Hause.

Wie kann ich einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis vorbeugen? 

Eine gute Vorbeugung basiert auf sanfter Hautpflege, regelmäßiger Reinigung nach jedem Inkontinenzereignis und dem Einsatz von pH-hautneutralen Produkten. Barrierecremes schützen die Haut vor Feuchtigkeit, und atmungsaktive, saugfähige Inkontinenzprodukte helfen, die Haut trocken zu halten. Tägliche Hautkontrollen ermöglichen es, Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Welche Ursachen und Risikofaktoren begünstigen IAD?

IAD entsteht durch den wiederholten Kontakt der Haut mit Urin oder Stuhl infolge von Inkontinenz, besonders bei häufigem Stuhlgang oder Durchfällen. Risikofaktoren sind unter anderem eingeschränkte Mobilität, höheres Alter, ungeeignete Pflegeprodukte, zu selten gewechselte Inkontinenzmaterialien, Hauterkrankungen sowie Mangelernährung oder Flüssigkeitsmangel.
Zur Autorin

Isabell Jungesblut

EXAMINIERTE GESUNDHEITS- UND KRANKENPFLEGERIN
Als Expertin für Gesundheits- und Krankenpflege bringt Isabell Jungesblut umfangreiche Erfahrungen aus der Akutversorgung aber auch aus der vollstationären Langzeitversorgung mit. Hier im Pflege ABC teilt sie ihr umfangreiches Wissen mit Ihnen, um die Pflege für Sie zu erleichtern.
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